Friday, June 21, 2013

3 Wochen und 2 verstauchte Finger später

In der morgendlichen Kälte die Äste ins
Spalier drehen und schneiden
Nun sitze ich wieder im Zug, denn endlich heißt es Abreise und wieder der Zivilisation, aka Melbourne, entgegen! Nachdem mir letzte Woche Freitag so dermaßen die Hände wehgetan hatten, dass ich die kackigen Äste nicht mehr aus den Bäumen ziehen konnte, war noch am selbigen Tag diese Art von Arbeit für beendet erklärt. Geil. Ab sofort hieß es dann „rolling“, also die am Baum gebliebenen Äste an den dafür vorgesehenen Drahtleinen ins Spalier drehen und schneiden, sehr gediegenen Arbeit, die man auch mit zwei verstauchten Mittelfingern noch hinbekam. Da die Arbeit sehr entspannt war, musste sie natürlich einen Haken haben und der war die Bezahlung: ich habe, wenn ich echt schnell war, gerade einmal 80 Dollar pro Tag bekommen, das war fast die Hälfte von dem, was ich vorher gemacht habe und nicht einmal ein Stundenlohn von 10 Dollar bei 9 Stunden Arbeit! Eigentlich eine totale Frechheit, aber die Backpacker werden hier genauso wie ´ne Weihnachtsgans ausgenommen, wie die osteuropäischen Erntehelfer in Deutschland. Naja, da ich ja eh nur noch eine weitere Woche bleiben wollte und ich meine Hände eh nur eingeschränkt bewegen konnte, habe ich mich damit zufrieden gegebenen bzw. zufrieden geben müssen. Zumindest ist jetzt wieder doch recht gut Geld in der Reisekasse.
Und was habe ich aus den vergangenen drei Wochen so gelernt? Erstens: Möglichst nie wieder Plantagenarbeit. Jeder Samstag bei h&m war mir dagegen lieber. Dennoch war´s echt gut, das einmal erlebt und mitgemacht zu haben, ist ja schließlich die typische Work&Travel-Arbeit. Zweitens: Die Menschen auf Fidschi leben musikalisch noch zehn Jahre hinterher. Die sonst so harten Kerle von Mitbewohnern folterten gern laut und viel zu oft meine Ohren mit Shania Twain, Celine Dion und der Knaller: Westlife und den Backstreetboys! Da waren die dazwischen gespielten Vangaboys echt eine Wohltat :D Und die Repeat-Taste wird auch sehr gerne betätigt. Und drittens: Kleine Kleinstädte vermeiden, sie bergen die Gefahr eines ewigen Sonntags. Alles klappt in der Stadt um Punkt fünf die Bürgersteige hoch, lediglich
die mintgrüne Leichtbauweise - hinter
dem kleinen Fenster war mein Zimmer
die Tanke, die Kaufhalle und die Pommesbude haben noch auf. Wenn einem die musikalische Folter der Mitbewohner über ist, muss man also in die Frittenbude, welche übrigens übelst billig Pommes und Co verkauft, riecht danach jedoch auch wie frisch in der Fritöse gebadet. Naja, in der dreckigen Wohnung hat´s da auch nicht wirklich besser gerochen… Ach übrigens, Cindy, die kleine Pummelfee, ist leider ausgezogen, schade, wurde also nicht mehr von Rihanna-Musik geweckt. Ich habe inzwischen ihren Namen herausgefunden: Betty. Da ist mir dann gleich ein viel besserer Name eingefallen und zwar Betty Barb (Betty Rülps)! Kreativ oder?! Da nun noch zwei Asiaten ins Haus gezogen sind, wodurch in die Anzahl der Mitbewohner gar nicht mehr überblickte, musste ich mein Zimmer räumen, da dort ein Doppelstockbett drin ist und in welches Zimmer bin ich gezogen? Natürlich in das von Betty Barb und ihhh war das dreckig! Jedoch durfte ich mich für vier Tage auf ihrem Prinzessinnenbett wie eine kleine Pummelfee fühlen. Es ist dann NOCH ein weiterer Mitbewohner eingezogen, der gar nicht mal so der hellste ist. Der hat mich bei der Arbeit doch tatsächlich gefragt, wie viel er denn wohl verdiene, wenn er für jeden geschnittenen Baum 80 Cent bekommt und 50 Stück pro Tag schafft. Hallo, die Fünfermalreihe ist ja wohl ein Kinderspiel, jeder Grundschüler kann diese simple Sachaufgabe lösen. Zudem ist ihm auch nicht bekannt, dass er sich, wenn er seine Stange Toastbrot aufgegessen hat, aber sich am nächsten Morgen ein paar Stullen für die Arbeit schmieren möchte, eventuell am Abend davor nochmal neues kaufen müsste. Diese Erkenntnis machte er erst am Morgen. Oh dear…
Die Nächte waren nun kaum noch frostfrei, was aufgrund der Leichtbauweise der Häuser dazu führte, dass ich nachts trotz 2 T-Shirts, einem Hemd und 2 Pullovern aufgewacht bin und frierend den Heizstrahler anmachen musste. Die Wände sind hier megadünn, die Fenster einfachverglast und das Haus auf Stelzen gebaut, wodurch die Kälte quasi zum Hereinspazieren eingeladen wird. Da haben sich die Australier ja was tolles von den Amis abgeguckt. In Deutschland würde das Haus nach den Vorschriften des Energiepasses wahrscheinlich direkt abgerissen werden. Aber jetzt ist mir das egal, denn nach einem Tag in Melbourne fliege ich direkt in die warme Sonne nach Cairns (Ostwestküste), tschüß Herbst, hallo Sommer. Dann kann ich auch wieder mit dem Wetter in Deutschland mithalten bzw. dieses wahrscheinlich noch übertrumpfen.
Vor meiner Abreise aus Deutschland habe ich ja meine Magisterarbeit für den Erfurter Zukunftspreise unter der Rubrik „Nachhaltigkeit“ eingereicht und bereits vor der Verleihung gestern erfahren, dass ich zu den
Sonntag geht´s 3,5 Stunden im
Billigflieger nach Cairns. 
Gewinnern gehöre, die Platzierung wurde jedoch erst gestern bekannt gegeben. Aufgrund der Zeitverschiebung habe ich dann erst heute erfahren, dass ich den zweiten Platz belegt habe und stolze 600€ gewonnen habe. Bäm bäm bäm!!! Hammer!! Da ich ohne meine Master-Betreuerin gar nicht erst auf die Idee gekommen wäre, die Arbeit für den Zukunftspreis einzureichen, spende ich ihr bzw. dem Fachbereich Schulgarten der Uni Erfurt als Dank und Anerkennung 100€. Ich habe die letzten eineinhalb Jahr selber miterlebt, dass es bei der gartentechnischen Ausstattung sehr mangelt, sodass das Geld dort sehr gut angelegt denke ich. Von den übrig gebliebenen 500€ wird natürlich die Reisekasse aufgefüllt. Genial! Bin ja mal gespannt, inwiefern meine Arbeit dann weiter Verwendung in den Grundschulen findet, wäre ja schön, wenn meine Unterrichtsideen von Lehrern auch in die Praxis umgesetzt werden.

So, dann freu ich mich mal weiter wie ein Schneekönig über meinen Zukunftspreise, das Verlassen von Robinvale und auf meine Reise in den warmen Norden. 

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